Ein Interview mit Frau Dr. Hannemann, Vorständin der Tourismuszentrale südliche Boddenküste als Anstalt des öffentlichen Rechts

Wir haben in diesem ausführlichen Interview Frau Dr. Hannemann zu verschiedenen Aspekten der Tourismusentwicklung an unserer südlichen Boddenküste befragt. Dabei ging es um vier  Themenblöcke:

Zum ersten um die juristische Form der Tourismuszentrale südliche Bodddenküste als Anstalt des öffentlichen Rechts,

zum zweiten um die Qualität der geplanten Tourismusentwicklung,

zum dritten um die Kurmittelabgabe und

zum vierten um Konturen des geplanten Tourismusgebäudes in Bodstedt.    

Viel Freude beim Lesen des Interviews.

Frau Dr. Hannemann
Dr. Hannemann, Vorständin der Tourismuszentrale südliche Boddenküste

Teil 1

  • Was meint, dass die Tourismuszentrale südliche Boddenküste eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist?

  • Wie ist diese Anstalt des öffentlichen Rechts aufgebaut? Wer bestimmt hier was? Wer setzt was um?

DZ, Krödel: Vielen Dank Frau Hannemann für die Interviewmöglichkeit. Ich komme gleich zur ersten Frage: Es hat sechs Jahre gedauert, bis im August 2024 die Tourismuszentrale Südliche Boddenküste als Anstalt öffentlichen Rechts der drei Boddengemeinden Saal, Pruchten und Fuhlendorf gegründet wurde. Erzählen Sie bitte, was ist die Anstalt des öffentlichen Rechts, was stellt sie dar.

Frau Hannemann: Da muss ich etwas ausholen: Tourismus ist für Gemeinden eine freiwillige Aufgabe, für die nachrangig den Pflichtaufgaben im kommunalen Haushalt Mittel eingesetzt werden können. 2016 entschloss sich die Gemeinde Fuhlendorf zur Antragstellung auf das Prädikat „Staatlich anerkannter Erholungsort“. 2018 ist die Prädikatisierung als erster Meilenstein durch das Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern erfolgt. Das war die Grundvoraussetzung, per Satzung von den Gästen Kurabgabe zu erheben, um die Gäste direkt an den Gemeindeaufwendungen für die touristische Infrastruktur und Dienstleistungen zu beteiligen, so den Gemeindehaushalt zu entlasten und letztlich mehr Möglichkeiten für touristische Entwicklung zu schaffen. Die Gemeinde konnte die enge Begrenzung und Finanzierung der freiwilligen touristischen Aufgaben ausschließlich über den knappen Gemeindehaushalt überwinden. Kurabgaben sind in Mecklenburg-Vorpommern keine Steuern, sondern kalkulierte, zweckgebundene und umsatzsteuerpflichtige Abgaben auf konkrete kommunale Gegenleistungen. Die Aufgabenumsetzung zur Zweckbindung sind in einem kommunalen Betrieb zu organisieren.

Die Gemeinden Saal, Fuhlendorf und Pruchten haben sich schon bei der Antragstellung auf die staatliche Anerkennung als Erholungsorte entschieden, eng zusammenzuarbeiten und als erste in Mecklenburg-Vorpommern eine gemeinsame Kurabgabenregion zu gestalten. Die Prädikatisierung setzte eine Strategie der weiteren touristischen Entwicklung in den drei Gemeinden voraus. Im Zuge der Erarbeitung wurden Handlungsfelder und deren Umsetzung definiert. Damit verbunden waren zwei Herausforderungen: Zum einen mussten die Vorstellungen der Bürgermeister und Gemeindevertreter/innen, der Gemeindemitarbeiter/innen und der Bürger- und Gästeschaft geordnet und gebündelt werden. Zum anderen wurde es notwendig, dass sich die kleinen Boddengemeinden zusammentun, um so die vielfältigen Herausforderungen koordiniert und effizient meistern zu können in einem gemeinsamen kommunalen Unternehmen. Hier gab es letztlich die Entscheidung von den beteiligten Gemeinden zu treffen zwischen einer privatrechtlichen GmbH und einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform als Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Die Entscheidung für die AöR fiel mit der Perspektive, (später) auch das Satzungsrecht auf die AöR übertragen zu können. Die drei Boddengemeinden haben ab 2022 ihre Tourismusbetriebe als unselbständige „Betriebe gewerblicher Art“ organisiert. Zum 1. August 2024 wurden diese in der Tourismuszentrale Südliche Boddenküste – AöR vereint. Der gemeinsame Betrieb umfasst die Erbringung aller kommunalen touristischen Leistungen und deren Finanzierung über die Kurabgabe und weiterer Erlöse.

Die Kurabgabe ist im Übrigen nicht ein Wunscherfüller von nicht gelegten Eiern, sondern eine spitze Kalkulation von den Dingen, die in den beteiligten Gemeinden wirklich da sind, touristische Aufwendungen die zu Buche stehen und auf die Gäste umgelegt werden können. Die Gemeinden haben sich entschieden, Befreiungen von den Kurabgabezahlungen auszusprechen für Kinder bis 14 Jahre und Menschen mit einem Grad der Behinderung von ab 80%, sowie ihrem notwendigen Assistenzhund oder einer Begleitperson. Die Kosten der Befreiungen müssen die Gemeinden selbst tragen. Der Gesetzgeber regelt auch, dass die Mitnutzung der gemeindlichen touristischen Angebote durch Einwohner nicht auf die Gäste umgelegt werden darf. Hierfür muss die Gemeinde einen Eigenanteil ebenfalls selbst tragen und aus dem Gemeindehaushalt finanzieren.

Wir haben einige Vermieter, die sagen: Ich dachte, ihr macht hier das große Marketing und holt uns noch mehr Gäste ran. Aber nein: Wir sind für die Gäste da, die bereits angereist sind und die Kurabgabe zahlen. Für sie steht das kommunale touristische Angebot vor Ort zur Verfügung. Wir sorgen dafür, dass sie über die Quartiergeber oder unsere Guides zu einer Kurkarte kommen und eine Aufenthaltsqualität haben, die immer besser wird und mit den kalkulierten 2 Euro Kurabgabe machbar ist.

DZ, Peinl: Liegen Sie da so im Mittelfeld?

Frau Hannemann: Ja, wenn wir in der Prädikatisierungskategorie „Erholungsort“ bleiben, können wir uns in gewisser Weise mit den staatlich anerkannten Erholungsorten Ribnitz-Damgarten, Barth oder den Boddendörfern Born und Wieck auf dem Darß vergleichen. In Born (Anm. nach dem Interview als Seebad prädikatisiert) und Wieck zahlen Gäste ab 16 Jahre 2,50 Euro, von 6-15 Jahren 1,25 bzw. 1,60 Euro, in Barth ab 18 Jahre 1,70 Euro, in Ribnitz-Damgarten ab 17 Jahre 1,50 in der Hauptsaison. Wobei die Städte Ribnitz-Damgarten als Mittelzentrum und Barth als Grundzentrum für Überlandaufgaben Schlüsselzuweisungen erhalten und in die Kurabgabenkalkulation dann nur die nicht gedeckten Aufwendungen einfließen. Derartige Möglichkeiten fehlen den Boddendörfern generell.

Die Aufwendungen, Gäste- und Übernachtungszahlen in den Boddendörfern sind dennoch sehr unterschiedlich. Born z.B. hat doppelt so viele Aufwendungen wie Saal, Fuhlendorf und Pruchten zusammen. Sie haben aber auch fast doppelt so viele Gästeübernachtungen und damit viel mehr „Teiler“ der Kosten, sodass die Gäste „nur“ 2,50 Euro Kurabgabe zahlen brauchen.

Die Boddengemeinden auf dem Darß organisieren ihre Kurbetriebe als kommunalen Eigenbetrieb oder GmbH, Ribnitz-Damgarten und Barth als Fachämter, Barth bereitet die Gründung eines kommunalen Eigenbetriebes vor. Die Verwaltung der Kurabgabe ist nur ein Teil der Einnahmenseite. Es ist aber auch die Aufgaben und die Finanzierung des Gesamtbetriebes zu organisieren. Daher haben die drei Gemeinden Saal, Fuhlendorf und Pruchten innerhalb des Amtes Barth, eine flexible Betriebsstruktur gesucht, die den Gesamtbetrieb übernimmt und alle Aufgaben erfüllen kann. Dafür sieht die Gesetzgebung verschiedene Möglichkeiten vor: Man kann als einzelner Ort einen Eigenbetrieb gründen. Dann hätten wir aber drei Eigenbetriebe, das wäre nicht effizient gewesen. Die zweite Möglichkeit wäre ein Zweckverband, dann muss aber eine der Gemeinden außerhalb des Amtes sein, geht also nicht. Und das kommunale Pendant zum Zweckverband ist die Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Und hier ist der Charme, dass diese AöR die gleichen Möglichkeiten einer GmbH hat, aber eben vollständig kommunal ist und von den beteiligten Gemeinden mit dem Satzungsrecht ausgestattet werden kann. Zum 1. August ist die AöR in Betrieb gegangen als gemeinsames Kommunalunternehmen und organisiert den Tourismusbetrieb für die Gemeinden auch unter Nutzung der Dienstleistungen aus den Bauhöfen. Dieser Leistungsaustausch ist aber nur möglich, weil wir zu 100 % kommunal sind.

DZ, Krödel: Was sie bis jetzt erzählt haben, sind alles Elemente, die auch in der Satzung zukunftsorientiert enthalten sind. Wie werden die Interessen der drei Gemeinden in der Anstalt des öffentlichen Rechts verwirklicht?

Frau Hannemann: Im Grunde sind wir 100%ige Tochter der drei Gemeinden. Diejenigen, die uns den Auftrag geben, sind die Bürgermeister, die den Verwaltungsrat bilden.

DZ, Frau Peinl: Genau, das ist der Verwaltungsrat. Das ist wichtig, dass wir die Struktur der Tourismuszentrale als Anstalt des öffentliches Recht den Leserinnen und Lesern erklären. Die Bürgermeister bilden den Verwaltungsrat. Sie bestimmen die Politik und die Inhalte….

Frau Hannemann: … sie bestimmen, was inhaltlich und finanziell passiert. Wenn sie sich aber entschlossen haben und die Kurabgabenkalkulation beschlossen ist und wir den jährlichen Wirtschaftsplan verabschiedet haben, dann liegt es in der alleinigen Verantwortung der Geschäftsführung, die in der Anstalt des öffentlichen Rechts „Vorstand“ heißt, diese vom Verwaltungsrat bestimmten Inhalte im Rahmen des Finanzbudgets umzusetzen.

DZ, Peinl: Konkret: Sie sind Vorständin dieser Anstalt des öffentlichen Rechts. Da haben wir diese kleine Organisationsstruktur der Tourismuszentrale als Anstalt des öffentlichen Rechts benannt: Es gibt einen Verwaltungsrat und einen Vorstand. Der Verwaltungsrat setzt sich aus den drei Bürgermeistern der Gemeinden Fuhlendorf, Pruchten und Saal, die die inhaltliche und finanzielle Strategie mit einfacher Mehrheit bestimmen. Sie, Frau Hannemann, sind Vorstand, sprich Geschäftsführung, die diese Strategie umsetzt.

Frau Hannemann: Genau. Die Bürgermeister haben als Verwaltungsräte laut Unternehmenssatzung der AöR viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Ehrenamt, müssen sich aber für viele Dinge die Rückendeckung aus ihren Gemeindevertretungen holen.

DZ, Peinl: Die demokratische Rückbringung der Bürgermeister an die Gemeindevertretung und damit an die Gemeinde wäre dann das dritte Puzzleteil in diesem organisatorischen Aufbau der Anstalt des öffentlichen Rechts.

Frau Hannemann: Wenn wir Infrastrukturmaßnahmen realisieren wollen, wird es auch in Zukunft häufig so sein, dass die Gemeinde Investitionen tätigt und sie dann in die Verwaltung und Bewirtschaftung an uns weitergibt. Aber damit diese Investitionen zustande kommen, werden wir im Projektmanagement die Gemeinde bereits begleiten: Beschlussvorlagen oder Beschlussreife herstellen, so dass die Gemeindevertretungen über Vorhaben auch entscheiden können. Und wenn sie sich entschlossen haben, sie zu finanzieren, sie umzusetzen, dann sind wir wieder diejenigen, die diese baulichen Umsetzungen auch in Zusammenarbeit mit der Amtsverwaltung begleiten. Anschließend geht das Ganze in die Bewirtschaftung zu uns. Wir haben für die Infrastrukturmaßnahmen eine Wunschliste, die mehrere Seiten lang ist und die wir auch nicht in den nächsten drei Jahren schaffen abzuarbeiten. Vielmehr müssen wir uns zusammen mit den Bauausschüssen, Hauptausschüssen und final mit den Gemeindevertretungen konzentrieren, was wir im jeweils nächsten Jahr umsetzen wollen. Manche Dinge brauchen auch Vorlauf, weil man noch Kofinanzierungen ranholen will oder weil das eine oder andere Vorhaben auch in jeder Gemeinde umgesetzt werden soll. Dann ist es günstiger, wenn man z.B. Aussichtstürme oder elektronische Infosäulen nicht einzeln, sondern auf den Schlag plant.

Teil 2

  • Welcher Tourismus soll an der südlichen Boddenküste entwickelt werden?

  • Welche Mitspracherechte haben dabei die Bürgerinnen und Bürger?

  • Welche touristischen Zielgruppen sollen angesprochen werden?

DZ, Krödel: Kommen wir zu einem anderen Thema: Wir haben uns die aktuell einsehbare Tourismuskonzeption angesehen, die sehr allgemein formuliert ist. Daher unsere Frage: Was für einen Tourismus möchten Sie hier an der Südlichen Boddenküste schwerpunktmäßig entwickeln?

Frau Hannemann: Unser Auftrag ist, Natur erlebbar zu machen. Da sind sich die Bürgermeister einig, zu der Empfehlung kommt auch das Strategiepapier und die Nachfrage erleben wir im Gästekontakt. Die große Überschrift ist das Bodden-Naturerlebnis auf dem Wasser, an Land, in den Orten. Und daran misst sich im Grunde jede unserer Maßnahmen. Wir wollen in der Gästekommunikation auch tatsächlich darauf achten, dass wir in der Formulierung immer dicht am Bodden bleiben. Deshalb betiteln wir unsere Klappstuhlkonzertreihe im Sommer als „Bodden-Konzerte“, es wird 2025 ein Angebotscluster „Bodden-Kunst“ heißen, wir werden den Begriff „Bodden-Kinder“ nutzen, wenn es um Familienangebote geht. Basis unserer Zukunft und aller Entscheidungen ist die nachhaltige Gestaltung der Boddenlandschaft als Naturressource mit Erlebniswert. Geht es der Boddenlandschaft gut, werden auch Gäste es schön und erholsam finden. Hier haben wir einen Partner, der sich um die „Boddengesundheit“ partnerschaftlich mit den Gemeinden und Akteuren vor Ort bemüht: die Ostseestiftung mit ihrem Vorhaben „Schatzküste“ – Vernetzte Vielfalt. Wir wollen dieses nachhaltige Entwicklungsziel konsequent unterstützen, zur Handlungsmaxime aller Akteure in der Tourismusentwicklung machen und so das Bewußtsein der Gäste und Einheimischen für den besonderen Naturwert schärfen.

Alle Vorhaben „zahlen ein“ in die Vision: Wir sind „Schatzküste“ – Erlebnis und Erholung in der Boddenlandschaft an der Südlichen Boddenküste.

Dazu arbeiten wir eng mit der Ostseestiftung zusammen. Schwerpunkte sind dabei Information und Renaturierungsmaßnahmen. 2024 war die Foto-Wanderausstellung „Schatzküste“ in den Touristinformationen Fuhlendorf und Bresewitz zu sehen. Sie wird es im nächsten Jahr wieder geben. Ansonsten unterstützen wir die Naturierungsrprojekte, die die Ostseestiftung an der Südlichen Boddenküste mit den Gemeinden und Landwirten vorhat. Dabei geht es immer darum, Biotope miteinander zu verbinden, Lücken zu schließem. D.h. für uns ganz praktisch: Gemeinden und Investoren bei Baumaßnahmen konsequent darin zu unterstützen, z.B. Ausgleichsmaßnahmen im Sinne der Empfehlungen und Leitlinien der „Schatzküste“ zu schaffen und erlebbar zu machen. So z.B. bei einem Spielplatz, der nicht als irgendein Spielplatz geplant wird, sondern dann eben als Wasserspielplatz „Schatzküste“. Unsere Gästeführer gehen auf den wöchentlichen thematischen Touren auf die Naturbesonderheiten „Schatzküste“ als Eiszeitland ein und wecken dafür das Bewußtsein. Wir haben hier eine „Schatzküste“, die wir zu den unterschiedlichen Jahreszeiten mit den Gästen teilen. Im September/Oktober sind es die Kraniche und wir laden ein: „Guckt durch unsere Ferngläser und wir erzählen euch dann von der Vogelrast an der Südlichen Boddenküste“. Im Moment sind wir in der Planung von Beobachtungsplattformen für Kranich-Gucker. Ein wichtiger Punkt in dieser Saison war, dass die Radwege vernünftig ausgeschildert sind und wir haben das System gleich noch ergänzt durch Einschübe zum Themenweg „Östlicher Backstein Rundweg“.

DZ, Peinl: Darf ich noch einmal zusammenfassen? Unsere Frage war die nach Ihrer eingegrenzten Vision für die Entwicklung des Tourismus hier an der Südlichen Boddenküste in den nächsten fünf Jahren. Was ich verstanden habe: Ihre Vision ist Natur erleben; konzentriert auf die Boddenlandschaft. Und dann in Anlehnung an den Inhalt der Schatzküste: Diesen aufnehmen und für die Südliche Boddenküste umsetzen. Ist diese Zusammenfassung richtig?

Frau Hannemann: Genau, da konzentrieren wir uns drauf. Alle Vorhaben sind kleine Mosaiksteine des Gesamtbildes „Schatzküste“, unserem Lebens- und Erholungsraum mit Perspektive. So wird etwa im Moment der Brückenkopf von der Mole in Neuendorf saniert, damit da wieder die Fahrgastschiffe anlegen können und auch eine E-Fähre zwischen Neuendorf und Born fahren kann. Die E-Fähre ist schon da, aber für die Baumaßnahme sind im Moment noch nicht alle behördlichen Genehmigungen zusammen. Also: Wir packen die Dinge an, um immer wieder in die Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität „einzuzahlen“.

DZ, Peinl: Zur Nachhaltigkeit gehört auch die Bürgerbeteiligung. Daher: Wie sind Ihre Pläne, die Sie mit den Bürgermeistern und den Gemeinderäten abstimmen, an die Bürgerinnen und Bürger angebunden?

Frau Hannemann: Die gemeinsame Tourismusstrategie ist 2016-2018 in einem kooperativen und moderierten Findungsprozess entstanden unter Einbezug von Unternehmern und Bürgern. Auf diesem Status quo baue ich auf. Die Umsetzung läuft ebenfalls kooperativ mit den Akteuren vor Ort. Wir sehen uns als aktiven Partner im Netzwerk mit den Gemeinden, Unternehmern, Investoren und der Ostseestiftung mit den Aufgaben Koordinierung, Information und Terminmanagement. Zusätzlich zu den Informationen in den Gremien der Gemeinden (z.B. Einwohner- und Gemeindevertreterversammlung) und öffentlichen Verfahrensterminen zur Einbeziehung von Anliegern und Beteiligten, nutzen wir unsere Arbeitsebene mit Quartiergebern zur Information und Einbeziehung. Damit erreichen wir den Teil der Bürger/innen, die auch Quartiergeber sind. Quartiergeber sind aber auch Zweitwohnsitzbesitzer oder Unternehmen, die zumindest hier auch einen Standort haben. Mit diesen unterschiedlichsten Gruppen haben wir eine enge Arbeitsebene. Wir erschließen uns neue Clusterthemen immer über Arbeitskreise mit den touristischen Dienstleistern. So haben wir 2023 die geführten Touren auf und an den Bodden sowie in den Boddendörfern entwickelt und den Kalender aller Veranstaltungen in der Region publiziert, 2024 mit den Bodden-Konzerten angefangen, im nächsten Jahr wird es das neue Thema Bodden-Kunst sein. So widmen wir uns Jahr für Jahr einem anderen Clusterschwerpunkt und diese Cluster sind nichts anderes als die Zusammenfassung der Akteure mit ihren Dienstleistungen hier vor Ort und die Entwicklung von authentischen Veranstaltungsformaten daraus.

DZ, Krödel: Es gibt ja auch unterschiedliche Zielgruppen, die die Tourismuszentrale ansprechen möchte. Welche sind das?

Frau Hannemann: Wir haben gedacht, wir hätten viel mehr Familien. Aber die Kurabgabe ist auch unser verlässliches statistisches Instrument und die zeigt: Wir haben weniger Familien als angenommen. Wir haben viel mehr Paare, im jungen und mittleren Alter, gar nicht so viele Alte. Wir haben unheimlich viele Gäste-Hunde. Alle eint die drei TOP-Urlaubsmotive Natur erleben, aktiv am und auf dem Wasser, Erholung in der Nähe zur Ostsee und von touristischen Hotspots. Und an diesen Zielgruppen, die schon da sind, arbeiten wir uns ab mit den Zielen Erhöhung der Aufenthaltsqualität und -dauer. Wir sind dafür da, die Gäste zu betreuen, die da sind, als Leistung der Kurabgabe. Die Gewinnung von neuen Gästen mit Werbemaßnahmen in den Heimatregionen der Gäste ist keine Kurabgabenleistung und z.Z. durch die Gemeinden nicht zusätzlich zu finanzieren. Die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe von allen am Tourismus beteiligten Unternehmen für das Tourismusmarketing in Quellmärkten wäre eine Finanzierungsquelle, die die Gemeinden bisher noch nicht nutzen.

DZ, Peinl: Sie haben gerade erzählt, dass Sie über die Kurabgabe Gästedaten für die Südliche Boddenküste haben. Meine Frage: Ab wann erheben Sie die Daten? Liegt schon eine Datenreihe über Jahre hinweg vor?

Frau Hannemann: Wir erheben die Daten ab 2022. Das Besondere unserer Daten im Vergleich zur amtlichen Statistik: Letztere lässt alle Quartiere bis einschließlich 9 Betten außen vor. Das heißt, ab dem 10. Bett wird erst erhoben und da fallen alle kleinen Vermieter raus, die wir aber hier viel haben. Immer im Januar informieren wir alle Quartiergeber über die Zahlen aus der Beherbergungsstatistik der Kurabgabenverwaltung der Vorjahre. Wir wollen zukünftig mit der Kurkarte auch Gästebefragungen verbinden, um auf Wünsche und Hinweise noch besser eingehen zu können.

DZ Peinl: Warum gibt es kein Angebot zum Badetourismus? Gibt es dafür keine Nachfrage?

Frau Hannemann: Einmal, weil es Vorbehalte der Gäste gegen die Wassertrübung des Bodden gibt. Die Naturbadestellen sind, neben den kleinen Häfen, Orte für Start-Stopp-Ende von Wassersport und Angeln. Wenn ich in ein glasklares Wasser ein paar Kilometer weiter in die Ostsee steigen kann, dann mache ich das doch lieber. An den Naturbadestellen unserer Boddenküste kann auch ohne Bedenken gebadet werden. Die Trübung ist Ergebnis des höheren Nährstoffeintrages über die Flüsse, Moore und landwirtschaftlichen Flächen. Auf unseren Gästeführungen erklären wir den Zusammenhang auch und den Vorteil der Bodden als Stehrevier für Surfer und Kiter, die Tücken der Flachwasserbereiche für Bootsführer und die Besonderheiten der Bülten als Vogelschutzreviere. Es ist eine sehr gute Wasserqualität, aber es ist trüb und flach im Uferbereich. Die Gemeinden sehen keine Nachfrage und Perspektive als Seebäder. In Seebädern müssen Strände bewacht werden. Die Infrastruktur an bewachten Badestrände ist eine, die die Gemeinden an der Südlichen Boddenküste nicht leisten können. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung der Erholungsorte als Wassersportreviere. Das Potenzial ist größer als das der Bodden-Badeurlauber.

DZ, Peinl: Sie haben jetzt auf der Datenbasis der letzten beiden Jahre argumentiert, also auf der Basis des Ist-Zustandes für jene Gäste, die hierherkommen. Meine Frage: Haben Sie eine Vorstellung davon, welche Gäste zukünftig an die Boddenküste eingeladen werden sollen sowie daran angegliederte Marketing-Maßnahmen?

Frau Hannemann: Im Moment ist unser Auftrag die Gästebetreuung im Rahmen der Kurabgabeleistungen. Viele Maßnahmen sind zwar für die Kurabgabengäste gemacht, werden aber darüber hinaus wahrgenommen und inspirieren zum Schauen, Kommen und Bleiben. So erreichen unsere Informationen Internetnutzer, Durchreisende, Familien und Freunde der Einheimischen und Zweitwohnungsbesitzer. Das darf auch gerne sein. Wir pflegen ein Kooperationsmarketing mit dem Regionalen Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst, dessen Hauptaufgabe das Marketing zur Gewinnung neuer Gäste(gruppen) in den Quellgebieten ist zusammen mit dem Tourismusverband MV. Alle drei Gemeinden sind Mitglied im regionalen Tourismusverband. Alle Maßnahmen der Gemeinden darüber hinaus erfordern die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe. Das heißt Zukunft(sicherung). Mit dieser Abgabe kann man Marketing zur Gästegewinnung und -bindung machen. Ich denke, mit dem geplanten Tourismusgesetz MV zum 01.01.2026 werden auch Regelungen getroffen zur Erhebung von Umlagen analog der Fremdenverkehrsabgabe, verpflichtend für alle prädikatisierten Orte. Dann ist auch für die Südliche Boddenküste der Zeitpunkt der Umsetzung eines Marketings für neue Gäste gekommen.

DZ, Krödel: Was ist genau der Unterschied zwischen Fremdenverkehrsabgabe und Kurabgabe?

Frau Hannemann: Die Fremdverkehrsabgabe wird durch prädikatisierte Gemeinden erhoben von den Dienstleistern, die vom Tourismus profitieren und dann aber erwarten dürfen, dass Marketing darauf zielt, Gäste zu gewinnen für einen Aufenthalt an der Südlichen Boddenküste. Die Kurabgabe wird von bereits angereisten Gästen erhoben für die Nutzung der kommunalen touristischen Infrastruktur und Dienstleistungen.

DZ, Peinl: Aber ist die Fremdenverkehrsabgabe nicht zukunftsorientierter?

Frau Hannemann: In Zukunft wird schon das Tourismusgesetz MV keine Wahl mehr lassen zwischen der Erhebung von Kur- und Fremdenverkehrsabgabe. Dann sind Gästegewinnung und Gästebetreuung Wahl-Pflicht. Will ich prädikatisierter Erholungsort sein, müssen beide Abgaben erhoben werden. Der systemische Ansatz ist richtig und zeitgemäß. Eine Vereinheitlichung über die Gesetzgebung erhöht am Ende die solidarische Schlagkraft für ein kooperatives Marketing zwischen Gemeinden, Regionen und Land.

DZ: Peinl: Umgekehrt: Wenn die Zukunft des Tourismus gestaltet wird, dann kann man dies nicht auf der Grundlage des Status quo und Cent-Bereichs machen. Dann sind Zukunftsinvestitionen notwendig, rückgebunden an die Gemeinden, Gemeindevertretungen und Bürgermeister.

Frau Hannemann: Ja, das ist so. Aber das muss entschieden werden. Das, was wir im Moment in diese Richtung machen, ohne dass wir unseren Auftrag verlassen: Wir positionieren uns über ein Kooperationsmarketing mit dem regionalen Tourismusverband. Aber ein eigenes Marketing auf die Beine zu stellen, das bedarf wirklich eine Kooperation und Finanzierung aller, die hier vor Ort sind und vom Tourismus partizipieren. Z.Z. nehmen wir die Kurabgabe von Gästen, die schon da sind. Und da dürfen die Gäste natürlich erwarten, dass für sie etwas passiert. Es wäre unlogisch, wenn wir von denen Geld verlangen für die Werbung von Gästen, die noch nicht da sind.

Teil 3

  • Was wird in den Gemeinden zur Kurabgabe diskutiert und was ist Ihre Position?

DZ, Krödel: Noch zur Kurabgabe: Inwieweit haben die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden Fuhlendorf, Saal und Pruchten etwas von dieser Kurabgabe? Es gibt ja auch Stimmen gegen diese Kurabgabe. Wie gehen Sie mit diesen Dingen um?

Frau Hannemann: Ja, im Grunde hat vorher die Gemeinde 100% der Kosten getragen aus dem Gemeindehaushalt als freiwillige Aufgabe ohne nennenswerte Gegenfinanzierung der laufenden Kosten, höchstens mit Förderung für Infrastrukturinvestitionen. Und damit haben die Gemeinden immer irgendwie Oberkante, Unterlippe gearbeitet. Mehr ging nicht. Ersatzmaßnahmen waren schon schwierig. Jetzt haben wir die Möglichkeit, nicht nur die Fixkosten der touristischen Bewirtschaftung abzudecken, sondern mit ca. 20% auch Entwicklungen zu ermöglichen, zumal in einer besseren und damit langlebigeren Qualität. Wir wissen, dass das Thema Kurabgabe sicherlich kein einfaches ist, aber auch keins, bei der die Einheimischen die Zielgruppe sind. Es gibt eine Mitnutzung, schon weil touristische Infrastruktur öffentlich zugängig ist, gar keine Frage. Aber wenn die Gemeinde möchte, dass es eine Bürgerkarte gibt, dann muss sie eine Bürgerkarte auflegen. Z.Z. haben wir unterschiedliche Nutzergruppen, diesen Unterschied sehen die wenigsten: Die, die kurabgabepflichtig sind und die, die es nicht sind. Das muss man berücksichtigen. Man kann den Kurabgabenzahlern nicht zumuten, dass sie eine unentgeltliche Nutzung mit bezahlen.

Die Kurabgabeleistungen betragen jährlich ca. 780.000 Euro an der Südlichen Boddenküste. Über die Kurabgabepflichtigen werden ca. 80% gedeckt, wobei 59% der Gäste tatsächlich zahlen und 21% auf Befreiungen der Kurabgabepflichtigen fällt. Die Befreiungskosten müssen die Gemeinden dann auch selbst tragen. Der Gesetzgeber schreibt auch fest, dass bei einer Mitnutzung durch Nicht-Kurabgabepflichtige diese Kosten nicht den Kurabgabepflichtigen in Rechnung gestellt werden kann. So müssen die verbleibenden 20% für die Nutzung durch Einheimische weiterhin durch die Gemeinden finanziert werden. Die Bemessung des Eigenanteils ist ohne konkrete gesetzliche Festschreibung, aber nach dem letzten OVG-Urteil vom 28.10.2024 rechtskräftig anzuwenden. Es ist auch ganz im Sinne, dass die frei zugänglichen Tourismusangebote von den Einheimischen genutzt werden.

DZ, Peinl: Gleichwohl: Es gibt in den Gemeinden hinreichend Gegenstimmen zur Kurabgabe, weniger oder mehr vehement. Stichworte hierfür wären z.B. von Seiten der Quartiergeber Bürokratiemonster, ein anderes wäre, dass der Aufenthalt hier zu teuer wird – wir sägen uns selbst den Ast ab oder auch die Kurabgabe ist mit anderen Gemeinden z.B. an der Ostseeküste nicht abgestimmt, es gibt – neutral ausgedrückt – Irritationen hinsichtlich einer möglicherweise doppelten Bezahlung der Kurabgabe. D.h.: Wenn die Kurabgabe akzeptiert werden soll, muss man doch auch mit den Einheimischen ins Gespräch kommen. Ich verstehe nicht: Warum geht man nicht diesen Weg?

Frau Hannemann: Ich beziehe mich mal auf die einheimischen Quartiergeber: Die Meldescheinpflicht bestand schon vor der Kurabgabepflicht. Der Gesetzgeber regelt für prädikatisierte Gemeinden die Möglichkeit der Kurabgabeerhebung nach Satzungsbeschluss und gibt vor, dass die Gemeinde die Quartiergeber ausstattet mit besonderen Meldescheinen, die um Kurkarten und deren Abrechnung ergänzt sind. Quartiergeber sind per Gesetz und örtlicher Satzung verpflichtet, die Kurabgabe von ihren Gästen einzunehmen und an die Gemeinde, in unserem Fall an die AöR, nach Rechnungstellung unbar zu zahlen. Bis dahin sind Gesetze und Beschlüsse bindend und auch nicht verhandelbar. Wir informieren und erklären dazu laufend. Wir haben ca. 1.000 Quartiergeber. Davon akzeptieren sechs Quartiergeber die rechtswirksamen Regelungen nicht, an denen wir als AöR nichts ändern können. Es wird von den sechs Quartiergebern erwartet, dass die Gemeinden die Anerkennung als Erholungsorte zurückgeben und damit auch nicht mehr berechtigt sind, die Kurabgabe zu erheben. Um „nachzuhelfen“, haben zwei Quartiergeber sich entschlossen, Anträge und Petitionen zu stellen mit der Erwartung, dass festgestellt wird, dass die Gemeinden die staatliche Anerkennung als Erholungsorte zu Unrecht bekommen haben. Die Serienschreiben gingen an das Wirtschaftsministerium, Sozialministerium, Innenministerium, die Staatskanzlei, die Ministerpräsidentin, den Bürgerbeauftragten des Landes, den Landrat, die Kommunalaufsicht, den Amtsvorsteher des Amtes Barth … Alle Anträge und Petitionen waren bisher „fruchtlos“.

Unsere Aufgabe ist die Umsetzung der rechtlichen Regelungen zur Kurabgabenerhebung. Wir konzentrieren uns daher auf die Optimierung der Kurabgabenerhebung, Kurkartenausgabe, Information zur Kurkarte und auf lösbare Anliegen in dem Zusammenhang. Es liegt in der Entscheidung jedes Quartiergebers, sich für die händische, teilelektronische oder vollelektronische Datenerhebung zu entscheiden und Kurkarten auszustellen. Ab 01.01.2025 bedarf es für deutsche Gäste nicht mehr einer persönlichen Unterschrift. Eine Erleichterung für die vielen Quartiergeber, die selbst nicht vor Ort sind und ihre Gäste persönlich nicht in Empfang nehmen können.

Wir sind mit allen Einheimischen, die Quartiergeber sind, im Kontakt. Die Tourismuszentrale in Fuhlendorf ist ganzjährig geöffnet. Zu allen Fragen der Kurabgabe stehen wir zur Verfügung. Immer am letzten Montag im Monat ab 17 Uhr laden wir zum aktiven Austausch ohne Termin ein. Alle Quartiergeber können auf die Boddentourismus-Cloud zugreifen und erhalten dort alle Informationen zur Kurabgabe und Gästeinformation. Mit fast jeder monatlichen Kurabgabeabrechnung geht per Post eine Gastgeberinformation mit Neuigkeiten und Erläuterungen zu Sachverhalten raus, die uns im Monatsverlauf in der Tourismuszentrale von den Quartiergebern erreicht haben und für alle interessant sein können. Auch die Gastgeberinformation ist fortlaufend in der Boddentourismus-Cloud gespeichert und abrufbar.

Wir haben ein digitales Gästemeldesystem. Das Angebot nutzen viele, aber die meisten Quartiergeber bleiben beim manuellen Papiermeldeschein. Aus unserer Sicht macht das händische erfassen der Daten mehr Arbeit. Die Entscheidung liegt bei den Quartiergebern.

Für die Nutzung der kommunalen Infrastruktur und Angebote, finanziert über die Kurabgabe, erheben die Gemeinden auch Tageskurabgaben von Gästen ohne Übernachtung. Die Kurabgabe ist eine Bringeschuld und von Tagesgästen in den Touristinformationen zu zahlen. Darüber hinaus kassieren wir zu den kommunalen Führungs- und Veranstaltungsangeboten die Kurabgabe von kurabgabepflichtigen Personen.

Wenn ein Heimatverein allerdings ein Heimatfest veranstaltet, dann ist das nicht ein Angebot der Gemeinde und kein zu erwartender Personenkreis, der kurabgabepflichtig ist.

DZ, Peinl: Bedeutet das, dass der Heimatverein dann die Touristen nicht reinlassen darf?

Frau Hannemann: Nein, darf er reinlassen, ist aber keine gemeindliche Kurabgabeleistung und damit braucht es auch keine Tageskurkarte, die dafür notwendig wäre. Für den Erholungsaufenthalt in der Region muss er die Tageskurkarte in der nächsten Touristinfo lösen.

DZ, Peinl: Noch eine letzte Frage zur Kurabgabe. Gibt es vom Bundesland Mecklenburg-Vorpommern den Versuch, diese Kurabgabe zu vereinheitlichen, so dass kleine touristische Fürstentümer nicht neben- bzw. im schlechten Fall gegeneinander stehen?

Frau Hannemann: Ja, das Land arbeitet an einem Tourismusgesetz, das im Grunde Nachfolger sein wird von der jetzigen Gesetzgebung. Hier wird in sieben Tourismusregionen gedacht. Am Ende wird es also regionale Gästekarten geben, über die die Nutzung aller Kurabgabeleistungen möglich wird. In der Regel sind es die alten Tourismusregionen, die wir schon haben.

Das Tourismusgesetz soll 2025 beschlossen werden im Landtag und zum 01.01.2026 in Kraft treten.

DZ, Peinl: Und was wäre das hier für unsere Region?

Frau Hannemann: Fischland-Darß-Zingst und dazu zählt auch die Südliche Boddenküste. Wir haben zunächst den Antrag gestellt, dass wir in den öffentlich-rechtlichen Vertrag zur gegenseitigen Anerkennung der Kur- und Gästekarten Fischland-Darss-Zingst zum 01.01.2025 aufgenommen werden. Da aber muss eine Einstimmigkeit bei den Gemeinden hergestellt werden. Die Gemeinde Dierhagen hat sich in ihrer Gemeindevertreterversammlung am 09.10.2024 gehen die Aufnahme der Südlichen Boddenküste in den Gästekartenverbund Fischland-Darß-Zingst ausgesprochen. Eine Begründung liegt uns noch nicht vor. Das wäre eine Zwischenlösung gewesen, bis in MV das geplante Tourismusgesetz beschlossen und rechtskräftig ist.

DZ, Krödel: Gibt es da so ein Zeitfenster?

Frau Hannemann: Ja, die Landesregierung möchte das gerne vor der nächsten Wahl in Sack und Tüten haben. Das ist im Koalitionsvertrag so vereinbart. Der Gesetzentwurf ist noch bis zum Jahresende angekündigt.

Teil 4

Was können Sie uns zum geplanten Tourismusgebäude in Bodstedt erzählen?

DZ, Krödel: Können Sie was zum Stand der Entwicklung des geplanten Tourismusgebäudes in Bodstedt sagen?

Frau Hannemann: Im Grunde ist im Frühjahr des Jahres der B-Plan von der Gemeinde beschlossen worden. Das heißt: Wir haben dort ein Planungsrecht, das auch schon weitgehend in Baurecht mündet, weil vieles schon über die Träger öffentliche Belange abgeklärt ist. Dennoch ist es notwendig, einen Bauantrag zu stellen. Dieser ist vom Amt Barth und einem Ingenieurbüro an den Landkreis Vorpommern-Rügen eingereicht. Parallel dazu hat die Gemeinde schon sehr früh (2022) beim Land einen Förderantrag mit einer 95%igen Förderung gestellt. Alle Nachfragen und Nachreichungen sind mit dem eingereichten Bauantrag abgearbeitet. Das Urlauberzentrum wird zu 30% Touristinformation und auch Arbeitsort für die Tourismuszentrale Südliche Boddenküste sein. Zu 70 % wird es Freizeitzentrum für die Gemeinde sein, das also die Bürger, die Kita und Vereine nutzen können. Und wir werden Zeiträume finden, die wir dann auch für die Gäste nutzen auf Mietbasis.

DZ, Krödel: Wenn der Bauantrag für das Urlauberzentrum steht, ist ja auch die Innenarchitektur schon fertig. Gibt es denn Vorstellungen, was da drin ablaufen kann?

Frau Hannemann: Mit dem Sportverein haben wir uns ausgetauscht, welche Wünsche und Vorstellungen es gibt. Im Grunde ist das Freizeitzentrum ein Multifunktionsraum, eine Einfelderhalle. So sind regelmäßige Trainingszeiten, auch Mannschaftssportarten oder Trainingslager mit Nutzung des nahen Sportplatzes möglich. Andere Vereine, Interessengruppen oder Veranstalter können aber ebenso die Anlage nutzen und bestenfalls mit öffentlichen Angeboten zur Vielfalt des Kultur-, Freizeit- und Erholungsangebotes beitragen.

DZ, Peinl: Bauherr ist aber die Gemeinde Fuhlendorf, oder?

Frau Hannemann: Ja genau.

DZ, Peinl: Demzufolge ist doch der Ansprechpartner der Bürgermeister und die Gemeindevertretung. Weil ich mich gerade wundere: Sie sind als Tourismusbeauftragte vom Bürgermeister und dem Gemeinderat beauftragt worden, mit dem Fuhlendorfer Sportverein über die Innenarchitektur des Freizeitzentrums der Gemeinde zu reden?

Frau Hannemann: Ja genau. Wir haben ein Nutzungskonzept für den Tourismusbereich erstellt. Die Erschließung der beiden Bereiche ist getrennt, aber durch das Öffnen von Verbindungstüren ist auch eine gemeinsame Nutzung von Tourismus- und Freizeitbereich möglich. Ansonsten sind es wirklich zwei Häuser unter einem Dach: Alles, was mit Heizung, Strom, Wasser zusammenhängt, ist getrennt.

Das Haus mit Parkplätzen und Zufahrten befindet sich gegenüber vom Traditionshafen in Bodstedt, zwischen Straße und Sportplatz. In die Touristinformation gelangt man von der Straßenseite aus und kommt in ein großes Foyer mit Empfangstresen. Hier kann man Tickets lösen, Angelkarten und Tageskurkarten kaufen, wir werden natürlich auch Souvenirs zum Kauf haben. Im Foyer sind digitale Informationen und Animationen, klassische Broschüren und Flyer, ein integrierter Galeriebereich für die Bodden-Kunst, alles gestaltet im Bodstedter Hafenflair als „Indoor-Hafenplatz“. Das gesamte Haus wird behindertengerecht sein für Menschen mit Bewegungs-, Hör- und Seheinschränkungen. Das Foyer mündet in einen multimedialen Bibliotheksbereich, optisch und akustisch abgegrenzt hinter einer großen Glaswand, die grafisch saisonal gestaltet werden kann. Der Bibliotheksbereich wird mit VR-Brillen ausgestattet sein. So kann man den Kranichflug mit der VR Brille erleben und danach bei uns eine Kranichfahrt mit den Fahrgastschiffern buchen. Diese Bibliothek ist eine regionale „Schatzkiste“, wir werden mit dem Hinstorff Verlag und anderen Verlagen aus Mecklenburg-Vorpommern zusammenarbeiten bei der multimedialen Ausstattung. Diese Räumlichkeit hat einen Ausgang auf die Terrasse im Innenhof mit einem Wasserspiel „Schatzküste“ unter dem großen Baum, der Bestand hat. Dort kann man sich hinsetzen, lesen, verweilen, plaudern. Die Bibliothek kann auch mal für kleinere Veranstaltungen mit ca. 15 Menschen genutzt werden. Aber wir wollen Angebote und Veranstaltungen, die größer sind, in den Mehrzweckraum des Freizeitbereiches bringen. Dieser kann geteilt werden mit einem Vorhang, der hochgezogen wird. Weiter wird dieser Raum mit Sportgeräten und Medientechnik hoch aufgewertet für eine große Nutzungsbandbreite. Es gibt dort auch Bereiche für WC/Duschen, Umkleiden, Lager und Catering.

Vom Foyer der Touristinfo kommt man in zwei Büros für die Bereiche Kurabgabe und Tourismusmanagement. Im 1. OG ist dann das Büro mit Beratungsbereich der Geschäftsführung der Tourismuszentrale Südliche Boddenküste.

DZ, Krödel: Interessant. Ja, Frau Hannemann, dann können wir einfach nur sagen: Besten Dank für die vielen Einblicke. Und ja, wir sind gespannt, wie sich das alles entwickelt.

DZ, Peinl: Ja, auch von mir vielen Dank.